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Die Zeitzonen an der Rezeption täuschen: Ich bin die erste Ausländerin ever in diesem Hotel - und deshalb beschäftigen sich die beiden Damen hinter der Theke gerade eingehend mit meinem Pass.

Mit Geduld zum Hotelzimmer

In China kommt man nur mit Geduld zum Hotelzimmer. Manchmal benötige ich die Unterstützung der Polizei, manchmal die Hilfe von Passanten – und stets eine Prise Humor. 

In Sachen Reisen in China hatte ich vor allem eine Sorge: Dass ich in einer Stadt ankomme und keine Unterkunft finde. Denn in China sollen laut Lonely Planet viele Hotels keine Lizenz für die Beherbergung von ausländischen Touristen haben.

Die Sache mit der Registrierung

Das soll zwar inzwischen ein alter Hut sein. Die Lizenz braucht es gemäss Reiseforen nicht mehr. Damit ist das Problem aber nicht gelöst. Denn viele Rezeptionisten wissen nicht, wie sie ausländische Gäste in ihrem System erfassen können. Bei inländischen Gästen scannen sie in der Regel einfach die Identitätskarte. Wir haben das mit meiner Schweizer ID auch probiert, aber da sie nicht mit den nötigen beziehungsweise lesbaren Informationen gespeist ist, blieb der Versuch erfolglos.

Ein Standardzimmer für 100 Renmimbi: Sauber und in einem ruhigen Hinterhof gelegen.
Ein Standardzimmer für 100 Renmimbi: Sauber und in einem ruhigen Hinterhof gelegen.

Trotzdem bin ich inzwischen recht entspannt: Gleich an meinem ersten Etappenort war die Suche nach einem Hotel recht amüsant. Zuerst wurde ich an diversen Orten abgelehnt. Bis ich einem Hotelier vorschlug, ich könne zur Polizei gehen, um mich zu registrieren, damit er keine Probleme bekäme.

Mit Hilfe der Polizei

Die Polizisten staunten nicht schlecht, als ich auf dem Revier auftauchte. Registrieren konnten sie mich aber auch nicht. Sie empfahlen mir eines der gehoberen Hotels im Ort, wo es sicher klappen sollte. Als ich den Beamten erklärte, dass meine Reise sehr lange dauere und ich darum mit einem kleinen Tagesbudget unterwegs wäre, gaben sie mir sogar die Erlaubnis mein Zelt im Park aufzustellen. Aber in der Agglomeration von Shanghai war mir das dann trotz des Okays der Polizei etwas zu heikel. Ich habe dann etwas ratlos auf meinem Handy rumgetippt und plötzlich hiess es: Ich könne zurück in das von mir ausgewählte Hotel gehen. Es wäre alles in Ordnung. Was genau lief, weiss ich bis heute nicht.

Die Gastgeberin ist stolz: Sie hat es tatsächlich geschafft, meine Daten ins System zu bringen.
Die Gastgeberin ist stolz: Sie hat es tatsächlich geschafft, meine Daten ins System zu bringen.

An vielen Orten bin ich die erste Ausländerin ever. Werde ich abgewiesen, diskutiere ich meist nicht lange und klopfe anderswo an. Manchmal realisieren die Hoteliers erst, wenn ich schon unter der Dusche stehe, dass sie sich mit mir ein Problem aufgehalst haben.

Mit Geduld zum Hotelzimmer

Ein paar Mal wollte man mich dann auch schon wieder ausquartieren. Bislang konnte ich das aber immer abwenden. Ich entschuldige mich dann auch immer für die Umstände und betone, dass ich sehr gerne bleiben würde, weil es doch so nett wäre in diesem Hotel. Mit Freundlichsein und Gelassenheit lässt sich in China extrem viel erreichen. Inzwischen habe ich auch einige Lösungsvorschläge im Repertoire: Man könnte meinen Pass fotografieren und die Information so ins System stellen. Man solle doch kurz bei der Polizei nachfragen. Oder ich könne sonst auch auf meiner Iso-Matte in der Besenkammer schlafen. Und wenn das nicht klappt, einfach warten und etwas hilflos in die Runde schauen.

Dem bislang einzigen Hostel mit internationalem Flair: Das Shuyuan Youth Hostel in Xi'an - mit westlicher Speisekarte und echt chinesischem Karaoke-Abend.
Dem bislang einzigen Hostel mit internationalem Flair: Das Shuyuan Youth Hostel in Xi’an – mit westlicher Speisekarte und echt chinesischem Karaoke-Abend.

Der Gebrauch von Baidu

Ein für mich unerlässliches Tool auf der Suche nach einer Unterkunft ist Baidu-Map kombiniert mit der chinesischen Tastatur. So kann ich dort in Pinyin den Begriff «bin guan» für Gasthaus eingeben und mit 宾馆die entsprechenden Schriftzeichen auswählen. Alternativ bieten sich folgende Begriffe an: jiǔ diàn 酒店 (Hotel), kè fáng 客房(Gästezimmer),  lü guan 旅馆 (Hostel) oder lu ying 露营(Camping) – letzteres führt allerdings selten zu einem Treffer, da es in China nur wenige offizielle Campingplätze gibt.

Wo versteckt sich hier denn eine Unterkunft? Richtig: Die Frau wirbt für ein Hostel. Ein zweites ist in roter Schrift über dem Durchgang zu erkennen.
Wo versteckt sich hier denn eine Unterkunft? Richtig: Die Frau wirbt für ein Hostel. Ein zweites ist in roter Schrift über dem Durchgang zu erkennen.

Natürlich ist es von Vorteil, wenn man die relevanten Zeichen im Gewirr der vielen Schilder an den Häuserwänden auch erkennt. Was immer geht, ist, sich mit der folgenden Frage an einen Passanten zu wenden: Fujin you binguan ma?  Was so viel heisst wie: Gibt es in der Nähe ein Gasthaus? Noch wurde mir immer geholfen – und meist ergab sich aus der Frage sogar ein nettes Gespräch.

Diese beiden hier greifen sogar zum Handy, um ein Hotel für mich zu finden.
Diese beiden hier greifen sogar zum Handy, um ein Hotel für mich zu finden.

Die Hoteldichte ist nach wie vor gross

Inzwischen bin in der Provinz Gansu rund 2000 Kilometer nordwestlich von Shanghai. Ich habe mich total verschätzt, was die Bevölkerungsdichte betrifft. Ich dachte, hier käme ich allmählich in ein weniger dicht besiedeltes Gebiet. Aber dort, wo ich ein Dorf vermutete, liegt dann oft eine Stadt mit Hochhäusern – mit einem grossen Angebot an möglichen Hotels.

Wo ich ein Dorf vermutete, liegt eine Grossstadt mit mehr Hochhäusern als Zürich und Basel zusammen haben.
Wo ich ein Dorf vermutete, lag eine Grossstadt mit mehr Hochhäusern als Zürich und Basel zusammen zu bieten haben.

Gebraucht hätte ich mein Zelt bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht zwingend. Allerdings reist es sich entspannter, wenn man weiss, dass man im Notfall einfach sein eigenes Haus aufstellt – und das Campen macht mir auch Spass.

Eine Nacht versteckt im Bambuswäldchen: Auch hier hätte sich eine Unterkunft in Reichweite gefunden, die ehemals bepflanzte Terrasse war jedoch ideal zum Campen.
Eine Nacht versteckt im Bambuswäldchen: Auch hier hätte sich eine Unterkunft in Reichweite gefunden. Die ehemals bepflanzte Terrasse war jedoch ideal zum Campen.

Ich nächtige in der Regel in Häusern, in denen das Zimmer zwischen 60 und 100 Renmimbi, also zwischen 8 und 13 Euro kostet. Manchmal sind die Zimmer richtig hübsch, manchmal eher an der Grenze in Sachen Sauberkeit und Ausstattung. Frühstück gibt es in der Regel keines, dafür hat es fast immer einen Wasserkocher auf dem Zimmer. Was praktisch ist, um morgens Haferflocken fürs Müesli anzurühren, wenn ich mal wieder wie zu Hause frühstücken möchte.

 

Dieser Beitrag hat 8 Kommentare

  1. Lotti Berner

    Liebes Anzgi

    Wie bin ich froh von dir zu hören! Habe mich nämlich tatsächlich heute gefragt, ob ich mir wohl Sorgen machen müsste, weil es schon länger keine News mehr gab:)) schwupps und schon ist meldest du dich! Wie immer macht es unglaublich Freude deinen Bericht zu lesen und zu erfahren dass es dir gut geht und deine Reise geniessen kannst.
    Weiterhin viel Freude, tolle Begegnungen und soooo viel Gelassenheit wie es braucht. Eine feste Umarmung!
    Lotti

    1. Marc

      Liebe Lotti
      Lebenszeichen von Anzgi in Form von Bildern gibt es noch häufiger unter folgender Adresse:
      https://www.instagram.com/shebikerider/
      (Du benötigst keinen Instagram-Account, um diese Bilder sehen zu können. Klick auf das jeweilige Bild, um das Publikationsdatum sehen zu können.)
      Herzlich – Marc

  2. Ekkehard Radam

    Hallo Andrea,
    Ich hoffe es geht Dir weiterhin gut! Dein Bericht ist einfach toll geschrieben, und von der Wirklichkeit in China bin ich überrascht. Das ist doch eine ganz andere Situation, als wenn man als Tourist mit dem Flieger kommt.
    Ich freue mich auf weitere Nachrichten von Dir und wünsche eine problemlose, unfallfreie Weiterfahrt (Immer Luft in den Reifen)
    Ekkehard aus Hamburg

  3. Angelo Rizzi

    Danke für den spannenden Reisebericht. Im eigenen Land scheinen die Chinesen mit Tourismus völlig überfordert zu sein – jedenfalls was Individual-Reisende betrifft. Weiterhin spannende und entspannte Reise. Liebe Grüsse, Angelo Rizzi.

  4. Viel Spass dann mit der Hotelsuche in Xinjiang. 🙂 Du kannst dort dann gleich beim obligaten Polizeicheckpoint vor der Stadt anfragen. Falls Du über Ürümqi fahren willst, die Stadt Dabancheng ist für Ausländer gesperrt. (Zwischen Turpan und Ürümqi). Alles Gute weiterhin!

    1. Andrea Freiermuth

      Ich habe Xinjiang weitgehend mit dem Zug absolviert. Bei einem Zwischenstopp in Turban, habe ich jedoch eine Holländerin kennengelernt, der genau dies passiert ist. Ich bin nun gespannt auf die drei Tage von Kashgar zum Qolmapass, wo ich die Grenze zu Tadschikistan überquere…

  5. Otto

    Hallo Andrea,

    wünsche weiterhin eine tolle Radreise mit vielen positiven Überraschungen, natürlich gutes Wetter und immer eine gute Ruhe-, Schlafmöglichkeit.
    Herzliche Grüße Otto
    08.05.2019

  6. Derungs Urs

    Urs

    Hallo Andrea,
    deine Berichte sind spannend. Es macht mir Spass, diese zu lesen. Erst vor Ort wird man sich bewusst, wie riesen gross dieses Land ist. Ich wünsche dir weiterhin gute und unfallfreie Fahrt. Freue mich auf weitere Berichte….

    LG Urs

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