Manchmal kommt alles anders als gedacht: Ursprünglich wollte ich in sieben Etappen allein nach Teheran fahren. Ich war dann aber nicht immer solo unterwegs – und bin am Ende doch noch in den Bus gestiegen.
Aber der Reihe nach: Nach der Abreise von Sina verbrachte ich einen faulen Tag in Astara. Allein blieb ich nicht lange, denn ein junger Englisch-Lehrer sprach mich in einem Internetcafe an und schleppte mich in seine Schule ab, in den Privatunterricht.
Pauken für den Anschluss an die Welt
Englisch-Unterricht gibt es zwar auch an staatlichen Schulen, aber die Lehrkräfte und die Didaktik sind so schwach, dass die meisten Iraner keinen vollständigen Satz auf Englisch sagen können, wenn sie die Schule verlassen. In den privaten Instituten hingegen ist das Niveau der Lehrer erstaunlich hoch. Vor allem wenn man bedenkt, dass viele noch nie im Ausland waren.
Der Zufall wollte es, dass ich auch den folgenden Abend in einer Schule verbrachte. Ich hatte schon ein paar Tage zuvor mit Magda getextet, die mit ihrem Freund und einem Holländer aus Aserbaidschan in den Iran unterwegs war und die Grenze bei Astara überqueren wollte. Unsere Wege kreuzten sich hier tatsächlich und ich fuhr eine Etappe mit dem Trio.
Magda und Manu haben ein super Projekt: Sie besuchen während ihrem Trip immer wieder mal eine Schule und erzählen dort von ihrer Fahrradreise. Im Iran stossen sie damit offene Türen auf. Dabei geht es für Lehrkräfte und Schüler weniger um die Radreise, sondern vielmehr um die Gelegenheit, Englisch mal in einer realen Situation anzuwenden. Zudem können viele Iraner nur davon träumen, mal ins Ausland zu reisen. Touristen sind für die Menschen hier ein Tor zur Welt.
So verbrachten wir also den Abend mit einer Horde Knaben. Magda, Manu und der Holländer Koen blieben noch einen Tag länger, damit auch die Mädchen in den Genuss des speziellen Besuchs kommen konnten. Der Unterricht im Iran muss stets in nach Geschlechtern getrennten Klassen stattfinden.
Ich musste weiter, weil ich mich 100 Kilometer weiter südlich bereits zum Besuch angemeldet hatte. Es war ein Wiedersehen. Meine Gastgeber habe ich vor rund einem Monat in Batumi kennengelernt: Navid (37) und Saeedeh (32) waren dort auf ihrer Hochzeitreise und haben mich angesprochen, weil Navid auch ein Tourenfahrer ist. Wir haben Telefonnummern ausgetauscht, und die beiden meinten, ich solle sie besuchen, falls ich in der Nähe ihrer Heimatstadt Rasht vorbeikäme.
Wiedersehen in Rasht
Ich wollte einen Tag bleiben, es wurden dann aber zwei. Die beiden wollten mich sogar überreden länger zu bleiben und von Rasht den Bus nach Teheran zu nehmen. Navid versuchte mich mit jedem möglichen Argument vom Weiterfahren abzuhalten. Aber ich konnte das Angebot aus zwei Gründen nicht annehmen: Erstens bin ich nicht zum Bus fahren gekommen, zweitens wollte ich ihr Budget nicht länger belasten. Die beiden verwöhnten mich zwei Tage lang und liessen mir keine Chance etwas beizusteuern. Am letzten Abend wollte ich die Rechnung auf dem Weg zur Toilette bezahlen. Aber der Keller hat mich leider verpfiffen.
Gastfreundschaft kennt keine Grenzen
Ich dachte nach der Türkei, die Gastfreundschaft liesse sich nicht mehr steigern. Aber eben: Da kannte ich die Iraner noch nicht. Hier kann es einem passieren, dass man auf einen Ladenbesitzer trifft, der einem etwas verkauft – sich dann aber weigert Geld entgegenzunehmen. Das alleine wäre schon krass. Aber wenn man bedenkt, dass die iranische Währung in den vergangenen sechs Monaten regelrecht dahingeschmolzen ist, dann ist das noch viel krasser. Der Rial ist nur noch ein Viertel so viel wert wie vor einem halben Jahr. Und weil in diesen Tagen neue Sanktionen einsetzen, könnte die Währung sogar noch mehr an Wert verlieren.
Viel Verkehr und Gestank
Nach Rasht fuhr ich noch zwei Tage am Kaspischen Meer entlang und setzte mich dann doch in den Bus nach Teheran. Nicht weil ich Angst hatte, meine Akkus über das Albroz-Gebirge leer zu fahren. Auch nicht weil ich mich vor den bösen Mannen auf weiter Flur fürchtete. Nein, weil die beiden Bergetappen leider auf ein langes Weekend gefallen wären. Das heisst, viel Verkehr und viel Gestank. Davon hatte ich leider seit Astara zu Genüge. Am Kaspischen Meer fährt man auch als Radfahrer meist auf einer zweispurigen Schnellstrasse und eine Abgasverordnung kennt man hier nicht. Hauptsache die Kiste läuft.
Warten stand nicht zur Diskussion, denn ich muss mich in Teheran um das Visa für Turkmenistan kümmern – und das braucht Zeit.
Also fuhr ich mit dem Bus und tröstete mich beim Anblick der grandiosen Landschaft mit dem Gedanken, dass ich dieses Gebirge dann bei meiner Weiterreise Richtung Osten nochmals überqueren kann.
Den Verkehr ganz vermeiden konnte ich damit nicht. Denn Sina holte mich mit dem Fahrrad am Busterminal ab – und es folgte ein Höllenritt quer durch Teheran.
Ich vermisse auf einmal die Strecke auf Strava.
Ich kann die Daten im Iran nicht mehr vom Garmin holen, weil meine IP-Adresse blockiert ist. Garmin hat seinen Hauptsitz in den USA… Sanktionen…. Ich bin immer noch in Teheran und kann meinen Standort voraussichtlich erst im Dezember wieder aktualisieren.
Gefällt liebi Grüss aus Schwyz! Heinz
Ok freue mich
Hallo Andrea
Habe im Sept. / Okt. gerade meine erste 4 wöchige E-Bike Tour auf meinem Fully durch Italien – Kroatien und Slowenien gemacht und 1500km zurück gelegt. Diese
tolle Erfahrung und deine tollen Berichte bestärken mich auch eine längere Tour zu Planen.
Mich würde interessieren wie oft du um dein Zelt froh warst und wie du das dann mit dem aufladen der Akus machst (wild Campen oder Campingplatz?).
Mit einem Akku schaffe ich in der Regel 80km und 1000 Höhenmeter, wenn ich mit mittlerer Unterstützung fahre. So kann ich locker einmal wild campen. Bei mehr Höhenmetern muss ich den zweiten Akku anknabbern. Konnte ich über Nacht nicht laden ist es während dem Tag bloss eine Frage der Organisation. Da ich zwei Akkus habe, kann ich simultan laden, das heisst, nach eineinhalb Stunden habe ich schon wieder 100 Prozent von total 200 Prozent (2 Akkus = 200 Prozent). Die Ladedauer von 0 auf 100 beträgt 3 Stunden. Es ist wie wenn man mit dem konventionellen Rad fährt: Da muss man auch immer etwas bis zur nächsten Beiz kalkulieren.
Danke für deine Antwort. Deine Akkus scheinen stärker zu sein. Ich komme etwa gleich weit, aber nur mit der kleinsten Unterstützung (Akku von Bosch 400 W). Ich bin nur mit einem Akku gefahren und habe dann unterwegs bei einer Pause nachgeladen, wenn die Strecke länger war. Mit 2 Akkus ist man natürlich viel flexibler und wahrscheinlich für die Seidenstrasse ein muss.
Wie hast du Simultan geladen? Mit 2 Ladegeräten oder?
Ich wünsche dir weiterhin viel Spass, safe cycling und interessante Begegnugnen.