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Keine optische Täuschung: SchweizMobil-Wegweiser mit kyrillischem Schriftzug auf der Etappe Bansko-Velingrad, Bulgarien. (Bild: Andrea Freiermuth)

SchweizMobil in Bulgarien?

Zu viel Sonne, bereits Heimweh oder einfach eine optische Täuschung? Als ich auf der Etappe Bansko-Velingrad in einem Anstieg von Weitem einen SchweizMobil-Wegweiser zu erkennen glaubte, traute ich meinen Augen nicht: Mitten im bulgarischen Nirgendwo stand da dieser Pfosten mit zwei Schweizer Bike-Schildern. Die Nummer, das Icon, die Farben: Alles genau so wie zu Hause – einzig der kyrillische Schriftzug liess erkennen, dass da etwas anders war.

Keine optische Täuschung: SchweizMobil-Wegweiser mit kyrillischem Schriftzug auf der Etappe Bansko-Velingrad, Bulgarien. (Bild: Andrea Freiermuth)
Keine optische Täuschung: SchweizMobil-Wegweiser mit kyrillischem Schriftzug auf der Etappe Bansko-Velingrad, Bulgarien. (Bild: Andrea Freiermuth)

Wie kommt ein Schweizer Wegweiser nach Bulgarien? Der erste Gedanke war, dass da die Stiftung SchweizMobil mitgewirkt haben muss. Falsch! Die wussten von allem nichts.

Mit Englisch in der Sackgasse

Nachdem wir am Etappenziel angekommen waren, machte ich mich im Internet auf die Suche und stiess auf der Seite von Velingrad auf verschiedene Bike-Routen, darunter auch jene mit den Schweizer Wegweisern. Anscheinend waren sie einmalig für die 15 Kilometer lange Strecke Avramovo-Kurtovo eingesetzt worden. Eine touristisch attraktive Route, die unter anderem am höchstgelegenen Bahnhof Südosteuropas vorbeiführt.

SchweizMobil-Wegweiser: Die 15 ausgeschilderten Kilometer enthalten zwar keine rasanten Abfahrten führen aber auch eine wunderschöne Landschaft. (Bild: Vasil Todev, zvg)
Die 15 ausgeschilderten Kilometer enthalten zwar keine rasanten Abfahrten, führen aber durch eine wunderschöne Landschaft, hier in den Farben nach dem ersten Schneereif. (Bild: Vasil Todev, zvg)

Am folgenden Morgen suchte ich das Tourismusbüro auf und wollte dort nachfragen, wer diesen Trail gebaut hatte. Das war jedoch gar nicht so einfach. Es gab da zwar fünf Angestellte, die sich alle rührend um mich kümmerten, aber leider sprach niemand Englisch, bloss Russisch. Velingrad ist ein bekannter Heilkurort mit zahlreichen heissen Quellen, aber die Gäste sind meist Einheimische und wenn doch Ausländer, dann Slawisch sprechend.

Google Translator sei Dank

Gerade noch rechtzeitig fiel mir ein, dass ich ja ein Übersetzungsbüro in meiner Tasche hatte, zückte mein Handy und erklärte mein Anliegen via Google Translator. Keine zwei Minuten später hatte ich einen Telefonhörer mit einem Englisch sprechenden Herrn am Ohr: Vasil Todev (39) von der Organisation Bikearea, die sich für die Erschliessung des Bike-Paradieses Bulgarien einsetzt – und unter anderem auch massgeschneiderte Touren anbietet.

Vasil Todev auf einem Bild von seinem Facebook-Account.
Vasil Todev auf einem Bild von seinem Facebook-Account.

Leider war Vasil gerade in Sofia und so konnte ich ihn nicht persönlich sprechen. Er nannte mir jedoch den Namen des Hauptverantwortlichen für das Stück Schweiz in Bulgarien: Stanimir Bakshev (34), ein bulgarisch stämmiger Informatiker, der in der Schweiz lebt.

Der Mann hinter den Wegweisern im Schweizer Design

Zwei Tage später unterhielt ich mich via WhatsApp mit Stanimir. Er hat in Lausanne studiert und lebt seit zehn Jahren in der Schweiz. Der Hobbybiker hat das Potenzial Bulgariens als Bike-Destination erkannt und wollte seiner Heimat etwas zurückgeben. So kam er 2016 auf die Idee von einer ausgeschilderten Route nach Schweizer Standard. Im Netz fand er das PDF «Signalisation Langsamverkehr» vom Schweizerischen Verband für Strassen- und Verkehrsfachleute und machte sich mit dieser Norm vertraut.

Stanimir Bakshev auf einem Facebook-Bild mit seiner Frau Desislava.
Stanimir Bakshev auf einem Facebook-Bild mit seiner Frau Desislava.

Ursprünglich wollte er die ausgeschilderte Bike-Route in der Nähe seiner Heimatstadt Sliwen im Balkangebirge bauen. Die Behörden dort zeigten jedoch kein grosses Interesse an einer Zusammenarbeit. So landete er letztlich bei Vasil und der Bikearea und entschied sich seine Idee, in den Rhodopen bei Velingard umzusetzen, wo es bereits diverse Bike-Pfade mit total 150 Kilometern gab, davon 50 Kilometer Singeltrail.

Inzwischen hatte ich die bulgarischen Wegweiser im Schweizer Design bereits auf Facebook gepostet. Schweiz Mobil reagierte mit folgenden Worten: «Schön, dass es die MTB-Signalisation von SchweizMobil scheinbar bis nach Bulgarien geschafft hat!» Andere meinten scherzhaft, dass die Bulgaren nun sogar unsere Wegweiser klauen würden.

Oje, dachte ich mir: Falls es ein Copyright gibt, dann werden Stanimir und Vasil durch mein voreiliges Posten Probleme bekommen. Das wäre sehr unglücklich. Denn soviel Enthusiasmus für den Bike-Sport gehört doch eigentlich belohnt und nicht bestraft.

SchweizMobil hat kein Copyright auf den Wegweisern

SchweizMobil gab aber diesbezüglich Entwarnung: «Grundsätzlich ist die rote Mountainbike-Wegweisung der Schweiz nicht mit einem © belegt. Dasselbe gilt auch für die Routenfelder mit den Routennummern. Und, wer kopiert wird, liegt ja auch nicht falsch.»

Ein Problem mit Diebstahl gibt es jedoch trotzdem. Die Schweizer Wegweiser sind aus so hochwertigem Material gefertigt, dass die lokale Bevölkerung einige davon ausgegraben und mitgenommen hat.

Wer hier auf keinen Wegweiser trifft, fährt garantiert falsch. (Bild: Vasil Todev, zvg).
Wer hier auf keinen Wegweiser trifft, fährt garantiert falsch. (Bild: Vasil Todev, zvg).

Ist Stanimir enttäuscht von seinen Landsleuten? «Nein, ich habe ehrlich gesagt damit gerechnet, und darum haben wir bereits zu Beginn Ersatzmaterial einberechnet.» Der damit verbundene zusätzliche finanzielle Aufwand sei vernachlässigbar: «Alles in allem habe ich bloss rund 500 Euros investiert, da wir die Wegweiser in Bulgarien produzieren liessen.» Er ist überzeugt: Wenn die Leute sehen, dass die entwendeten Pfosten ersetzt werden, werden sie kapieren, dass da jemand zum Rechten schaut – und die Wegweiser künftig stehen lassen. Und überhaupt: Auch in der Schweiz müsse sich jemand um die Instandhaltung der Beschilderung kümmern, da einfach eher wegen Vandalismus als wegen Zweckentfremdung.

Die Bauern in den Rhodopen würden halt noch nicht verstehen, was die Bike-Schilder ihrer Region bringen. Stanimir ist sich aber sicher, dass sich die Mentalität wandeln wird, und auch dass es mit Bulgarien aufwärts geht. Er wird mit seiner Frau und den beiden bald schulpflichten Kindern demnächst wieder zurück in seine Heimat ziehen.

Dieser Beitrag hat 3 Kommentare

  1. Tobi Gessler

    Spannender Artikel Andrea. merci! Bin jetzt bereits in Kontakt mit Vasil & Stanimir… 🙂

    1. Andrea Freiermuth

      So schön! So macht das Journalistenleben Spass: Wenn man das Gefühl hat, man könne etwas bewegen.

  2. Otto

    Hallo liebe Andrea und Begleiter,

    „Wie groß doch die Schweiz ist.“

    Die Alpen, den Balkan habt ihr durchfahren und hoffentlich die Reise bis hierher genossen.

    Bald seit ihr in Istanbul und habt dann schon 1/3 der Reise geschafft. Herzlichen Glückwunsch!

    Danke für die Wegbeschreibung und den technischen Daten des Flyer Rads, der Ausrüstung.

    Weiterhin eine interessante , sichere Reise mit vielen Überraschungen.

    Gedanklich fahre ich weiterhin mit….

    Herzliche Grüße Otto

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