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Als moderne Iranerin würde ich noch etwas mehr Haar sehen lassen. (Bild: Andrea Freiermuth)

Einmaleins für Reisen in den Iran

Wer in den Iran reist, kann in gewisse Fettnäpfchen treten. Sie lauern etwa auf der Toilette, dem Teppich oder beim Taarof. 

Das Tragen des Kopftuchs

Im Iran muss frau Kopftuch tragen, aber das heisst noch lange nicht, dass sie kein Haar zeigen darf. Auch muss das Tuch nicht streng unter das Kinn gebunden werden. Nein, moderne Iranerinnen schlingen den Hijab locker um den Hals und lassen so viel Haaransatz sehen, dass eigentlich nur noch der Hinterkopf bedeckt ist. Es versteht sich von selbst, dass das Tüchlein so hin und wieder runterrutscht. Wenn dies passiert, ja nicht hektisch werden, sondern die Sache mit Bedacht in Ordnung bringen. So strahlt frau richtig viel Eleganz und Selbstsicherheit aus. Und ganz wichtig: Den Rand des Schals immer einmal falten, damit er schön liegt.

Das Betreten einer Wohnung

Die Schuhe sind immer, aber auch wirklich immer auf der Türschwelle auszuziehen. Viele Häuser sind vollständig mit Teppichen ausgelegt. Da will man einfach keinen Strassendreck drauf. Als schmutzig gilt auch der Garten oder ein allfälliger Innenhof. Darum versteht sich von selbst, dass man nicht barfuss oder in den Socken nach draussen geht, sei es auch nur kurz. In der Regel stehen Plastiksandalen für Schritte im Aussenbereich bereit, die man dann unbedingt wieder auszieht, bevor man das Haus erneut betritt.

Der Gang zur Toilette

Auf die Toilette geht man im iranischen Heim mit Plastikfinken. Aber aufgepasst: Die dürfen beim Verlassen des stillen Örtchens nicht mit. (Bild: Andrea Freiermuth)
Auf die Toilette geht man im iranischen Heim mit Plastikfinken. Aber aufgepasst: Die dürfen beim Verlassen des stillen Örtchens nicht mit in den Wohnbereich. (Bild: Andrea Freiermuth)

Plastikfinken findet man in jedem iranischen Heim auch auf dem WC. Da schlüpft man dann rein und kauert sich übers Stehklo. Nach dem Geschäft greift man zum Wasserschlauch, der vor einem aus der Wand ragt. Papier findet man in der Regel keines. Sich mit Wasser zu reinigen, ist zu Beginn etwas ungewohnt. Mit der Zeit will man aber gar nicht mehr darauf verzichten. Hat man das Geschäft erledigt, gilt es, die Konzentration aufrechtzuerhalten. Denn jetzt kann man den schlimmsten aller Fehler machen: Mit dem WC-Finken zurück in den Wohnbereich latschen. Das ist der absolute Ekel. Und übrigens: Sollten die Sandalen beim Reinigungsprozedere nass geworden sein, dann stellt man sie gegen die Wand, damit sie abtrocken können und der nächste Gast keine nassen Füsse bekommt – im Zweifelsfall vielleicht vorher nochmals richtig abspülen.

Das Annehmen einer Einladung

Gastfreundlichkeit ist im Iran in etwa so wichtig wie in der Schweiz das Grüssen auf dem Dorf. Das heisst, die Iraner zeigen sich auch dann gastfreundlich, wenn sie gar keine Gäste wollen. Das nennt sich «Taarof» und kann anfänglich zu Missverständnissen führen. Die Frau im Bus, die der Sitznachbarin von ihrem Sandwich anbietet, bittet eigentlich bloss um die Erlaubnis selber reinzubeissen. Dass eine Einladung wirklich ernst gemeint ist, erkennt man erst, wenn man mindestens drei Mal abgelehnt hat und das Angebot immer noch steht. Und keine Angst: Es gibt mehr als genügend Einladung, die sich nicht abschlagen lassen – so viele, dass man mit der Zeit überlegt, wie um Himmelswillen, man sich denn endlich mal revanchieren könnte.

Das Sitzen bei Tisch oder auf dem Teppich

Gegessen wird auf dem Teppich, wie etwa hier mit Moratese und ihren Zwillingstöchtern Minu und Muschde. (Bild: Andrea Freiermuth)
Gegessen wird auf dem Teppich, wie etwa hier mit Moratese und ihren Zwillingstöchtern Minu und Muschde. (Bild: Andrea Freiermuth)

Alle Körpergeräusche sind tabu. Klar, mögen nun viele denken: Lautes Aufstossen gehört sich auch bei uns nicht. Was man nicht vergessen sollte: Auch ins Taschentuchschnupfen kann einen gehörigen Lärm machen kann. Das ist für Iraner ziemlich abstossend. Dabei spielt es keine Rolle, ob man nun am Tisch oder auf dem Teppich sitzt. Uns mag das Sitzen am Boden zu einem weniger formalen Benehmen verleiten. Im Iran ist es einfach die traditionelle Form des Beieinanderseins. Es versteht sich von selbst, dass man da dann nicht einfach auf dem Boden rumfläzt. Bietet einem der Gastgeber dann aber ein Kissen an, ist das ein sichereres Zeichen, dass man eine etwas bequemere Haltung einnehmen darf. Dabei sollte man darauf achten, dass man den Leuten nicht gleich die Füsse ins Gesicht streckt.

 

Dieser Beitrag hat 5 Kommentare

  1. Klaus Johner

    Liebe Andrea, es ist einfach beeindruckend deine Berichte von dieser unglaublichen Radtour zu lesen. Jeder Artikel ist für mich wie ein Buch, dass ich Seite für Seite lese. Ich freue mich auf jeden neuen Artikel. Weiterhin viel Spaß auf der Tour, vor allen Dingen allseits Gesundheit, keine Pannen und weiterhin so unglaublich tolle Begegnungen mit Menschen. Liebe Grüße aus Meersburg am Bodensee wo es inzwischen kalt geworden ist.

  2. Daniela

    Danke Andrea für deine Berichte, die ich mit viel Interesse verfolge. Diesen hier habe ich mir gut gemerkt, will ich doch auch mal in den Iran reisen. Ich wäre mir nämlich nicht sicher, ob mir meine iranische Kollegin ALLE diese Feinheiten auf meine Reise mitgeben würde… Weiterhin tolle Fahrt und nährende Begegnungen und Erlebnisse! Liebe Grüsse aus der kalten Schweiz, Daniela

  3. Otto

    Hallo liebe Andrea,

    Danke für den Iran Knigge, ist wohl alles ziemlich gewöhnungsbedürftig ?

    Danke für die vielen interessanten Berichten.

    Weiterhin einen schönen Aufenthalt im Iran, interessante Begegnungen und eine sorgenfreie weiterfahrt. Wann geht’s wieder los?

    Herzlichst Otto

  4. Ingo Sievers

    Hallo Andrea,
    ich verfolge Deine Reise schon seit Wochen. Ganz toll dokumentiert und nicht überfrachtet. Daumen nach oben für diese mutige Aktivität, von der viele reden, aber kaum jemand umsetzt.
    Da ich seit kurzem auch stolzer Besitzer eines Pedelecs bin, interessiert mich natürlich, ob und wie Du mit Deinem Flyer zufrieden bist. Gab es Pannen oder größere Probleme? Findest Du immer die passende Steckdose? Kommst Du mit der Ladung und Belandung klar?
    Gute Reise weiterhin. Liebe Grüße aus Norddeutschland
    Ingo

    1. Andrea Freiermuth

      Hallo Ingo, danke für das Interesse und die Blumen. Ich hatte bisher zwei Plattfüsse und musste viermal die Bremsscheiben wechseln. Das heisst, ich hatte eigentlich keine Probleme. Okay, beim zweiten Platten ist mir dann tatsächlich noch die Pumpe kaputt gegangen, aber ich war zum Glück nicht zu weit vom nächsten Ort entfernt. Steckdosen waren bisher auch kein Problem. Da funktioniert mein Schweizer Stecker immer noch ohne Adapter. Und Steckdosen gibt es inzwischen im Fall überall – sogar in die Wüste von Turkmenistan. Der Saft ist mir bisher auch noch nie ausgegangen. Okay, ich gebe auch gut acht, dass mir das wirklich nicht passiert. Das ist wie wenn man mit dem konventionellen Rad unterwegs ist. Da will man auch nicht in den Hungerast fahren. Ich bin also stets am Abwägen wie viel Kilometer und Höhenmeter noch vor mir liegen, ob ich in eine abgelegene Gegend reinfahre und wie viel Prozent ich noch habe. Ich musste aber fast noch nie durch den Tag aufladen – und wenn dann meistens, weil mein Nachtlager ohne Strom war.

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