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Ein Kroate, der gerne Bratwurst und Rösti isst: Novi Rakocevic aus Cres. (Foto: Andrea Freiermuth)

Gold für die kroatische Gastfreundschaft

Es wäre so schön gewesen, wenn Kroatien gewonnen hätte. Ein Fest war die WM am Hafen von Cres dennoch. Fussball verbindet – und hat uns unter anderem eine spannende Begegnung beschert.

Als wir vom Camping in die Stadt düsen, um rechtzeitig zum Anpfiff im Zentrum zu sein, sind die Gassen bereits leergefegt. Alles konzentriert sich auf die Flachbildschirme in den Hafenbars, die so gut wie möglich abgedunkelt sind. Trotzdem könnte man dem Ball daheim auf dem Sofa wohl besser folgen.

Das WM-Final am Hafen von Cres: Eine verpasste Chance für Rotweiss. (Bild: Andrea Freiermuth)

 

Bis zum Ende des Spiels, verläuft das Public Viewing so wie man es sich vorstellen kann: Jubel bei den Goals für Kroatien und Trauer bei den Treffern der Franzosen. Was auffällt, sind einige Männer mit skurrilen Badehäubchen in Rotweiss. Kroatien wurde 2007 Weltmeister im Wasserball und gewann 2012 in dieser Disziplin Gold an den Olympischen Spielen.

Pyros und Badekappen im Hafen von Cres (Bild: Andrea Freiermuth)
Pyros und Badekappen im Hafen von Cres (Bild: Andrea Freiermuth)

Unklar bleibt für uns, ob das, was nach dem Spiel geschieht, etwas mit den starken Leistungen im Wasserball zu tun hat oder ob es bloss an der Hitze liegt, die auch abends um 19 Uhr noch drückend ist: Nach dem Schlusspfiff stürzen sich viele direkt am Hafen ins Wasser, manche nehmen gleich die kroatische Flagge mit zum Baden.

Nach dem Spiel gehts ab ins Wasser: Selbst die Fahne muss mit. (Bild: Andrea Freiermuth)

 

Ein schönes Fotomotiv gibt ein Mann ab, der sogar rotweisskarierte Schuhe trägt und ein mit Fahnen und Schal dekoriertes Velo stösst. Er erkundigt sich in Englisch woher wir seien und wechselt dann unvermittelt ins Schweizerdeutsche.

Novica Rakocevic (67) kam zu Beginn der 70er-Jahre als Hotelfachangestellter in die Schweiz und hat 40 Jahre lang in Herisau (AR) gelebt. Er freut sich so über die Besucher aus der Schweiz, dass er uns von der Stelle weg zu einem Glas in der nächsten Bar einlädt, später landen wir sogar bei ihm zu Hause, wo er uns über Karten gebeugt zu unserer Weiterfahrt berät.

Novize Rakocevic: Rotweiss kartiert, aber ein wenig auch gekreuzt. (Bild: Andrea Freiermuth)

 

Novi stammt ursprünglich aus Zagreb, lebt nun aber seit seiner Rückkehr aus der Schweiz auf Cres, wo er unter anderem zwei Wohnungen an Touristen vermietet. Als Segler ist er auf der Insel am richtigen Ort. Heimweh nach der Schweiz hat er dennoch. Er stillt es mit Fertigrösti, Bratwurst und Appenzeller Alpenbitter – und den Internetseiten von NZZ, Blick und Beobachter.

Novi will uns überzeugen ein paar Tage Pause auf Cres einzulegen. Seine Insel sei einfach zu schön, um gleich weiterzufahren. Er führt uns zu sein Segelschiff im Hafen, mit dem uns die schönsten Buchten und Strände zeigen will – und erzählt uns von einem malerischen Bergdorf, in dem nur noch vier alte Frauen leben würden.

Wir haben allerdings noch ein Treffen mit einem ehemaligen Arbeitskollegen von Beat. Einem Österreicher, der ebenfalls in Cres lebt und uns auch auf eine Bootsfahrt mitnehmen will – und müssen die Einladung daher leider ausschlagen.

Hans am Steuer seines Ferraris: Er fährt uns an unserem vetofreien Tag in eine schattige Bucht (Bild: Andrea Freiermuth)
Hans am Steuer seines Ferraris: Er fährt uns an unserem vetofreien Tag in eine schattige Bucht (Bild: Andrea Freiermuth)

Trotzdem sind wir gerührt von Novis Gastfreundschaft, der uns von der Strasse weg zu einem Segeltörn einladen will. Vorsichtig erkundigen wir uns, ob er als Exjugoslawe in der Schweiz nicht von Ausländerfeindlichkeit betroffen gewesen sei. Er verneint und lacht: Als Anfang der 90er-Jahre mit dem Balkankonflikt viele Flüchtlinge in die Schweiz gekommen sind, sei sein Schweizerdeutsch schon recht gut gewesen. Viele hätten seinen Akzent sogar mit einem Bündner Dialekt verwechselt. Novi hat nur gute Erinnerungen an die Schweiz und erwähnt beiläufig, als ob es selbstverständlich wäre, dass seine beiden Söhne mit der Heirat den Namen ihren Ehefrauen angenommen hätten – dass Ic sei halt nicht gut für die Karriere.

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Reto Wild

    Schön geschrieben, die Reportage aus Cres. Ich bin begeistert von Kroatien!

  2. frankneuss

    Das ist wunderschön. Gastfreundschaft zu erleben gehört sicherlich zu den ganz tiefen und menschlichen Erfahrungen. Wie klappt es mit dem Akku laden auf den Campingplätzen? Gebt ihr die Akkus an der Rezeption ab und lasst sie über Nacht dort?
    Weiter alles Gute und sichere Fahrt!

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